Ein spannender neuer Technologietrend, der das Gesundheitswesen revolutionieren könnte, ist der „Digitale Zwilling“. Digitaler Zwilling einfach erklärt ist ein digitales Abbild eines physischen Objekts.

Im Gesundheitswesen kann ein Digitaler Zwilling bezogen auf einen Patienten als ein oder mehrere Berechnungsmodelle definiert werden, die eine dynamische digitale Darstellung eines realen biologischen Ziels („Artefakt“) oder eines Aspekts des physischen Zustands einer Person darstellen.

Was sind die Vorteile bei der Verwendung eines Digitalen Zwillings?

Diese Technologie ist in der Fertigung und in der Industrie bereits seit Jahrzehnten etabliert und wird eingesetzt, um reale Anlagen wie eine Maschine oder sogar eine ganze Fabrik zu modellieren und zu simulieren, bevor sie gebaut werden. Diese Digitalen Zwillinge werden zur Vorhersage von Ausfällen, zur Planung von Wartungsstrategien oder sogar zur Steuerung des Betriebs in einem sich verändernden Umfeld eingesetzt. Ziel ist es, diese Systeme rechnerisch zu modellieren, um sie schneller und kostengünstiger zu entwickeln und zu testen, als dies in der realen Umgebung möglich ist. Mit Digitalen Zwillingen lassen sich damit potenzielle Fehler beheben, bevor sie auftreten.  

Das Konzept des Digitalen Zwillings taucht nun auch im Gesundheitswesen auf, wo es zu einer Schlüsselkomponente für die neu aufkommende personalisierte Medizin und Präzisionsmedizin werden kann.

Das Ziel von Digitalen Zwillings-Modellen ist es, im gesamten Gesundheitssystem verwertbare Erkenntnisse und Entscheidungshilfen zu liefern. Durch die Bereitstellung einer hochwertigen Präzisionsversorgung wird die Digitale Zwillings-Technologie eine massive Personalisierung der Prävention, Diagnose, Behandlung und Überwachung von Krankheiten ermöglichen.

Wofür wird ein Digitaler Zwilling in der Medizin verwendet?

Die personalisierte Medizin erfordert die Integration und Verarbeitung großer Datenmengen. Digitale Zwillinge, also hochauflösende Modelle einzelner Patienten, ermöglichen unter anderem: 

  • ein proaktives Gesundheitsmanagement für Patienten
  • die Optimierung von Therapien 
  • die Vorhersage von Behandlungsergebnissen zu ermöglichen und vieles mehr.

Die Vision: in Zukunft können beispielsweise Eingriffe vorab immer am Computer geplant und durchgeführt oder eine Medikamentengabe digital ausgetestet werden. 

Die Patienten bekommen somit immer das Medikament, das für ihren Digitalen Zwilling die beste Wirkung hatte bzw. eine auf ihre Anatomie angepasste Behandlung. 

Damit können Therapien optimiert, Risiken bei Operationen vermieden und Kosten für unnötige Eingriffe gespart werden. 

Während ein umfassendes digitales Modell eines ganzen Menschen noch nicht Realität ist, wurden bereits verschiedene Digitale Zwillings-Modelle entwickelt und getestet. Dazu gehören Simulationen von bestimmten Körperteilen oder Organen (z. B. Herz oder Lunge), Modelle von Krankheitszuständen (z. B. Lungenkrebs) oder vereinfachte „Avatar“-Darstellungen des physischen Körpers einer Person. Digitale Zwillinge werden in der Regel erstellt, um Entscheidungshilfen zu bestimmten klinischen Fragen zu liefern. Die Modelle können verwendet werden, um eine Vielzahl von Szenarien in silico zu simulieren, virtuell Therapien oder Medizinprodukte zu testen und Trends und Ergebnisse vorhersagen. 

Ein Digitales Zwillings-Beispiel ist Simq RPE. Dies ist eine medizinische Software für die chirurgische Planung einer sogenannten forcierten Gaumennahterweiterung. Sie berechnet basierend auf der individuellen Anatomie des Patienten das optimale Schnittmuster, um ein symmetrisches Gesicht nach der forcierten Verbreiterung des Oberkiefers zu gewährleisten. 

Ein Hauptmerkmal von Digitalen Zwillingen ist, dass sie vom Benutzer dynamisch gesteuert und Szenarien simuliert werden können, um „Was wäre wenn“-Fragen zu untersuchen. Die Modelle können auch dynamisch aktualisiert werden und sich weiterentwickeln, sobald neues klinisches Wissen und neue Daten verfügbar werden. Digitale Zwillinge können in allen klinischen Phasen eingesetzt werden, von der Krankheitsprävention über Diagnose und Therapie zu Überwachung und häuslicher Pflege. Da Digitale Zwillinge mit den Daten des Patienten individualisiert werden können, bieten sie personalisierte Entscheidungshilfen und ermöglichen Ansätze der Präzisionsmedizin, die für den jeweiligen Patienten am besten geeignet ist. 

Wie bereits erwähnt, ist es aktuell noch nicht möglich, für einen ganzen Menschen einen Digitalen Zwilling herzustellen. Das hat mehrere Gründe. Die Abbildung von menschlichen Organen ist beispielsweise sehr komplex. Auch die Abbildung von Gewebe und Weichteilen ist komplexer als die Abbildung von festen Gegenständen wie zum Beispiel Knochen. Das liegt daran, dass die Parameter von festen Materialien berechenbar sind und feste Eigenschaften haben. Bei Weichgewebe im Menschen ist das allerdings nicht der Fall und kann stark variieren. 

Wie wird ein Digitaler Zwilling erstellt und wie funktioniert er?

Ein Digitaler Zwilling ist ein dynamisches Softwaremodell, das Metadaten erfasst. Die Beschaffung der geeigneten Daten ist eine der wichtigsten Voraussetzungen bei der Erstellung eines Digitalen Zwillings. Die Daten kommen aus unterschiedlichen Quellen wie sensorbasierten Systemen, einschließlich bildgebender Scanner, Labortests, tragbaren Überwachungsgeräten oder auch aus Beobachtungen. Zudem kann der Digitale Zwilling mit Daten aus empirischen oder experimentellen Quellen gefüttert werden, wie etwa historische Patientendaten, die gesammelt werden, oder aus klinischen und wissenschaftlichen Beobachtungen.

Da die Daten oft in unstrukturierter Form vorliegen, müssen sie zunächst in eine strukturierte, also maschinenlesbare, Form umgewandelt werden, bevor sie verarbeitet und in Modellen von Digitalen Zwillingen verwendet werden können. Aus den Daten erstellte Computermodelle können in Umfang und Komplexität variieren, von vorhersagenden Algorithmen, die eine begrenzte Anzahl von Datenpunkten verwenden bis hin zu vollständigen Organmodellen mit mehreren Simulationsebenen. 

Im Idealfall wird das Modell stetig mit aktuellen Daten aktualisiert.

Die Modellnutzung kann zudem eine Feedbackschleife schaffen, die das Modell im Laufe der Zeit dynamisch aktualisieren und verbessern kann. 

Der Digitale Zwilling reagiert somit auf Veränderungen. Daraus kann abgeleitet werden, wie gezielt Verbesserungen erreicht werden können. 

Herausforderungen für die Umsetzung Digitaler Zwillinge

Um eine Genehmigung der regulatorischen Behörden zu bekommen, ist die Validierung ein wesentlicher Schritt bei der Erstellung eines Digitalen Zwillings. Dafür haben die Behörden begonnen, weltweit Richtlinien für KI-basierte Medizinprodukte zu entwerfen, Digitale Zwillinge eingeschlossen. 

Sobald ein Digitaler Zwilling für den klinischen Bereich erstellt wurde, wird er also mit zusätzlichen, retrospektiven oder prospektiven Daten validiert, um die Funktionsfähigkeit zu gewährleisten. 

Ist ein Digitaler Zwilling erstellt, das Modell validiert und von den regulatorischen Behörden genehmigt worden, kann es den Ärzten zur Behandlung bereitgestellt werden. 

Dazu muss eine digitale Infrastruktur geschaffen werden, die die Erstellung, Speicherung, Übertragung, Analyse, Visualisierung und Reporting der Modelle und Daten ermöglicht. 

Zudem muss für eine Verbindung zu Geräten oder anderen Speichermedien wie

zum Beispiel der elektronischen Krankenakten, PACS, RIS, LIS gesorgt werden, in denen

die für die Modelle erforderlichen Gesundheitsdaten gespeichert sind. Der Zugang zu diesen Daten beruht auf Standards und Interoperabilität, die noch in der Entwicklungsphase sind. Darüber hinaus muss die Infrastruktur auch ein ausreichendes Maß an Sicherheit und Schutz der Privatsphäre bieten, da Gesundheitsdaten sehr sensible Informationen mit eingeschränktem Zugang enthalten können. Hier gilt es, die regionalen Voraussetzungen und Anforderungen an den Schutz personenbezogener Daten mit einzubeziehen. In den Vereinigten Staaten sind hier die Vorschriften des Health Insurance Portability and Accountability Act (HIPAA) zu nennen, in Europa die Allgemeine Datenschutzverordnung (GDPR).

Der zunehmende Bedarf an klinischen Daten hat zahlreiche wichtige Probleme in Bezug auf Dateneigentum und -verwaltung aufgeworfen, die sich auf die Einführung Digitaler Zwillings-Modelle auswirken könnten. Dazu gehören die rechtlichen Rahmenbedingungen und Gesetze, die den Datenschutz und die Vertraulichkeit von Patientendaten sowie die erforderliche Sicherheit regeln. Die Frage des Dateneigentums ist sehr kompliziert.

Die derzeitigen Vorschriften sind je nach Standort sehr unterschiedlich und werden von vielen Experten als unzureichend angesehen. Einige sind der Meinung, dass es eher eine Frage der Kontrolle, der Privatsphäre und der Erlaubnis sowie des Wertes und des Verwendungszwecks ist, als eine Frage des Eigentums.

Was sollte ich noch über Digitale Zwillinge wissen?

Offene und dezentralisierte Alternativen mit sicheren Plattformen und Datenzugriffspunkten, die von Partnernetzen unterhalten werden, werden immer beliebter. Darüber hinaus sind für die kommenden Jahre neue Modelle für die Verwaltung von Gesundheitsdaten geplant, bei denen der Einzelne selbst über den Besitz und den Zugriff auf seine Daten bestimmen kann. Die Anforderungen der Kunden werden den Fortschritt und die Nutzung der Digitalen Zwillings-Modelle vorantreiben, während technologische Verbesserungen dies unterstützen werden. In naher Zukunft werden Digitale Zwillings-Modelle für eine begrenzte Anzahl von hochwertigen Anwendungsfällen entwickelt werden, wodurch bestehende Produkte und Dienstleistungen im Gesundheitswesen ein neues Maß an „Intelligenz“ erhalten.

In Zukunft könnten sich Digitale Zwillings-Modelle zu einem modularen, möglicherweise vernetzten System von Modellen mit erweiterten Fähigkeiten weiterentwickeln. Damit wird ein breiteres Spektrum von Anwendungsfällen und die Schaffung neuer Produkte und Dienstleistungen gefördert. Dies wird durch eine hohe Vernetzung aufgrund der umfassenden Digitalisierung und der Verfügbarkeit von Gesundheitsdaten ermöglicht. 

Simq unterstützt Sie bei der Umsetzung

Die Möglichkeit, die menschliche Physiologie in silico mit Digitalen Zwillings-Modellen zu simulieren, stellt ein neues Paradigma für die Nutzung der verfügbaren digitalisierten Gesundheitsdaten eines Patienten dar. Diese Modelle können verwendet werden, um personalisierte, umsetzbare Erkenntnisse abzuleiten, die wiederum zu optimierten klinischen Prozessen und verbesserten Ergebnissen führen können. Simq hat sich darauf spezialisiert, für Unternehmen, die im Gesundheitswesen tätig sind, diese Technologie in zukünftige medizinische Software Produkte einfließen zu lassen, um die Personalisierung der Gesundheitsversorgung voranzutreiben und Medizinproduktherstellern einen einfachen Zugang zu medizinischen Simulationen als Solution Partner zu gewährleisten. 

Kurz zusammengefasst

Was versteht man unter einem Digitalen Zwilling?

Ein Digitaler Zwilling ist ein virtuelles Abbild eines physischen Objekts oder eines biologischen Ziels, das als dynamisches Berechnungsmodell dargestellt wird.

Was sind die Vorteile bei der Verwendung eines Digitalen Zwillings?

Digitale Zwillinge ermöglichen die schnelle und kosteneffektive Entwicklung und Testung von Systemen, die Vermeidung von potenziellen Fehlern und eine massive Personalisierung der Prävention, Diagnose, Behandlung und Überwachung von Krankheiten.

Wofür wird ein Digitaler Zwilling in der Medizin verwendet?

Digitale Zwillinge werden in der Medizin verwendet, um ein proaktives Gesundheitsmanagement für Patienten, die Optimierung von Therapien, die Vorhersage von Behandlungsergebnissen und vieles mehr zu ermöglichen. Sie können auch verwendet werden, um Entscheidungshilfen zu bestimmten klinischen Fragen zu liefern.

Wie werden Digitale Zwillinge in der Medizin eingesetzt?

Digitale Zwillinge werden in allen klinischen Phasen eingesetzt, von der Krankheitsprävention über Diagnose und Therapie zu Überwachung und häuslicher Pflege. Sie bieten personalisierte Entscheidungshilfen und ermöglichen Ansätze der Präzisionsmedizin, die für den jeweiligen Patienten individuell angepasst sind.